Die Entscheidung für eine Ehe wird in der heutigen Gesellschaft zunehmend hinterfragt. Immer mehr Paare leben bewusst in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, teils aus Überzeugung, aus finanziellen Erwägungen oder weil andere Lebensprioritäten im Vordergrund stehen. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden im Jahr 2024 rund 349.200 Ehen in Deutschland geschlossen. Das entspricht einem Rückgang von etwa 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr und liegt deutlich unter den Zahlen der Vor-Corona-Jahre. Gleichzeitig steigt die Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften kontinuierlich.
Dieser gesellschaftliche Wandel spiegelt sich auch in der Vorsorge- und Nachlassplanung wider. Dabei wird häufig übersehen, dass die Ehe, unabhängig von emotionalen oder religiösen Motiven, nach wie vor erhebliche rechtliche und steuerliche Vorteile mit sich bringt. Besonders für junge Familien und Paare mit gemeinsamem Vermögen können diese Unterschiede im Ernstfall gravierend sein.
Mit Inkrafttreten des Ehegattennotvertretungsrechts für Gesundheitsangelegenheiten (§ 1358 BGB) 01. Januar 2023 wurde ein bedeutender Schritt im Betreuungsrecht vollzogen. Nicht getrennt lebende Ehegatten dürfen sich seither im medizinischen Notfall gegenseitig vertreten, sofern keine andere Regelung (z. B. Vorsorgevollmacht) vorliegt und die behandelnden Ärzte werden von der Schweigepflicht entbunden. Dieses Recht gilt für maximal sechs Monate und der vertretende Ehegatte kann dann in ärztliche Untersuchungen oder Heilbehandlungen einwilligen oder Krankenhaus- und Behandlungsverträge abschließen.
Unverheiratete Partner haben dieses gesetzliche Vertretungsrecht nicht. Ohne ausdrückliche Vollmacht für die Gesundheitssorge kann weder der langjährige Lebensgefährte noch sonstige Familienangehörige rechtsverbindlichen Entscheidungen treffen oder Auskünfte erhalten. Die erheblichen Konsequenzen im Ernstfall können die wenigsten wirklich abschätzen.
Auch im Steuerrecht ist die Ehe ein wirtschaftlicher Schlüsselfaktor. Ehegatten steht alle zehn Jahre bei Erbschaften und Schenkungen ein persönlicher Freibetrag von 500.000 Euro zu. Für nicht verheiratete Partner beträgt dieser lediglich 20.000 Euro. Darüber hinaus profitieren Ehepaare vom günstigeren Steuersatz in der Steuerklasse I, während unverheiratete Erben in die deutlich ungünstigere Steuerklasse III eingeordnet werden.
Beispiel: Wird eine gemeinsame Immobilie mit einem Wert von 600.000 Euro vererbt, fällt für Ehegatten unter Berücksichtigung des Freibetrags in der Regel keine Erbschaftsteuer an. Für nicht verheiratete Partner kann hingegen eine Steuerlast im hohen fünf- bis niedrigen sechsstelligen Bereich entstehen. Daher müssen sich unverheiratete Paare umso mehr um eine Liquiditätsbeschaffung für den Todesfall bemühen.
Im Alltag zeigen sich auch beim Familienrecht klare Vorteile einer Eheschließung. Bei einer einheitlichen Namensführung, die im Rahmen der Eheschließung unkompliziert möglich ist, treten im Umgang mit Behörden, Bildungseinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen weniger Komplikationen auf und es kommt seltener zu unangenehmen Situationen.
Zudem wird in einer Ehe automatisch die gemeinsame Sorge für Kinder vermutet, während bei unverheirateten Eltern eine gemeinsame Sorge nur durch ausdrückliche Erklärung erreicht werden kann. Auch das Umgangs- und Aufenthaltsbestimmungsrecht kann bei Trennung oder Todesfall differenziert geregelt sein, was eine klare juristische Grundlage umso wichtiger macht.
Unverheiratete Paare, die gemeinsam Vermögen aufbauen oder Kinder haben, sind besonders gefordert, ihre rechtliche Absicherung aktiv zu gestalten. Ohne Ehe müssen insbesondere folgende Dokumente vorhanden sein, um ausreichend Sicherheit zu schaffen:
Ein häufig unterschätztes Risiko besteht insbesondere im Todesfall. Ohne Testament erbt der nicht verheiratete Partner nicht automatisch. Selbst wenn eine gemeinsame Immobilie besteht, kann der überlebende Partner zur Auszahlung gesetzlicher Erben gezwungen werden. Hierzu zählen u.U. Eltern oder Geschwister des Verstorbenen. Dies kann zur finanziellen Belastung oder gar zum Verlust des gemeinsamen Zuhauses führen. Daher solltet ihr immer einen entsprechenden Liquiditätszufluss sicherstellen, damit mögliche Pflichteilsansprüche, Erbteile oder die Erbschaftssteuer keine finanziellen Probleme hervorrufen.
ACHTUNG: Auch bei kinderlosen Ehepaaren besteht Handlungsbedarf! Ohne Testament erben Eltern oder Geschwister des verstorbenen Ehepartners entsprechend ihres gesetzlichen Erbanteils mit. Ein individuelles Testament ist daher auch innerhalb einer Ehe immer sinnvoll, um den Nachlass entsprechend den eigenen Wünschen zu regeln.
Die Ehe ist kein überholtes Modell, sondern kann ein wirksames Instrument und ein Baustein im Rahmen der Vorsorge- und Nachlassplanung sein. Sie schafft Rechtsklarheit, reduziert steuerliche Belastungen und erleichtert medizinische sowie familienrechtliche Entscheidungen.
Die Ehe ersetzt jedoch keine individuelle Planung. Paare, ob verheiratet oder nicht, sollten ihre familiäre und finanzielle Situation regelmäßig prüfen und durch rechtssichere Dokumente absichern. Eine frühzeitige Beratung und Absicherung hilft, Fallstricke zu vermeiden und die Weichen für eine verlässliche Zukunft zu stellen.